Postauto
Postauto (Quelle Pixabay)

Die spektakulärsten Postauto-Strecken der Schweiz

Sie sind die motorisierten Nachfolger der behägigen Postkutschen – und mit ihrer leuchtend gelben Lackierung, den stilisierten Posthörnern auf den Seitenflächen und dem typischen Dreiklangton fast genauso charmant: Postautos sind auf Schweizer Straßen allgegenwärtig, für den Tourismus unverzichtbar – und berühmt für ihre mutigen Manöver auf den steilen und unwegsamen Wegen durch die Berge.
Wenn die fröhliche Tonfolge cis-e-a in A-Dur ertönt – sie stammt aus dem Andante der Ouvertüre zu Rossinis „Wilhelm Tell“ – dann weiß in der Schweiz jedes Kind: Das nächste Postauto ist nicht weit.

Das erste Postauto fuhr am 1. Juni 1906 von Bern nach Detlingen. Seitdem sind eine Vielzahl neuer Strecken hinzugekommen – und hier sind die fünf schönsten für Schweiz-Touristen:

Sitten – Derborence

Derborance See
Derborance See (Quelle Unsplash)

Die mit Abstand spektakulärste und gefährlichste Strecke, die überhaupt ein Postauto fährt, ist die von Sitten – oder Sion, wie die Hauptstadt des Wallis auf Französisch heißt – nach Derborence. Nur neun Fahrer in der ganzen Schweiz trauen sich diese Tour zu. Die Fahrt dauert nur rund eine Stunde, aber für diese Stunde braucht es gute Nerven, und zwar bei Fahrern und Gästen.

Die Strecke ist geprägt von wundervollen Aussichten, einer atemberaubenden Streckenführung und – Angstschweiß. Für letzteren werden Sie allerdings reich entschädigt, wenn Sie in Hochtal der Derborence ankommen. Hier wartet eine Natur voll archaischer Schönheit auf Sie.

Die Fahrt beginnt im Bahnhof von Sitten und führt zunächst durch das Dörfchen Contey durch die Weinberge des Wallis nach Erde, dann weiter an der Bergflanke entlang bis nach Aven – immer mit einem wunderschönen Blick ins Rhônetal. Von hier aus sind es bis zur Endstation nur noch 12 Kilometer – ein Katzensprung, würde man meinen. Doch 12 km auf gerader Landstraße sind nicht 12 km in den Bergen, und schonmal gar nicht in diesen Bergen. Das Postauto steht plötzlich vor einer senkrechten Felswand.

Der einzige Weg führt durch mehrere, in den Fels gehauene und gesprengte Tunnels. Was für eine Meisterleistung der Postauto-Chauffeure, die die knapp 11 Meter langen und 2,55 Meter breiten Fahrzeuge mit unglaublichem Fingerspitzengefühl millimetergenau hindurchmanövrieren – dies ist wohl der spektakulärste Abschnitt, der überhaupt von einem Postauto befahren wird!

Am Lac de Derborence angekommen, werden Sie begeistert sein von der wilden, urwaldähnlichen Anmutung dieses unter Naturschutz stehenden Talkessels: Nach zwei Felsstürzen im 18. Jahrhundert entstand der Alpsee als einer der jüngsten Bergseen der Schweiz inmitten einer Geröllhalde, die heute mit einer einzigartigen Flora und Fauna überrascht – ein Eldorado für Geologen, Botaniker und Naturliebhaber!

Kiental-Griesalp

Das Kiental
Das Kiental (Quelle Unsplash)

Wenn Sie zu den abenteuerlustigen Menschen gehören, sind Sie hier richtig: Mit einer Steigung von bis zu 28% zählt die Strecke zu den steilsten Postautostrecken Europas.

Sie starten im kleinen Örtchen Reichenbach in der Nähe von Spiez im Berner Oberland. Zunächst geht es auf noch gut befahrbaren Straßen nach bis Scharnachtal und weiter in die Berge hinein. Auf der 13 Kilometer langen Strecke überwindet der gelbe Kleinbus, der extra für diese Herausforderung umgebaut wurde, insgesamt 800 Höhenmeter. Während der Fahrt erleben Sie den wildromantischen Charme des Kientals, einer Abzweigung des Kandertals, das bekannt für seine unberührte Natur. Stotzige, urwüchsige, schier undurchdringliche Wälder wachsen neben tiefen Schluchten, lustig murmelnde Bergbäche, deren Frische man durch die Scheiben des Postautos zu spüren meint, suchen sich gemeinsam mit Wasserkaskaden den Weg ins Tal.

An der schmalsten Stelle ist von den versierten Chauffeuren Millimeterarbeit gefragt: Hier ist der Engpass zwischen den Felsen gerade einmal 2,20 m breit – genauso breit ist auch das Postauto. Die letzten zwei Kilometer haben es noch einmal in sich: Sage und schreibe 20 Spitzkehren wollen durchfahren werden – das ist Nervenkitzel pur und wird Ihnen für die Fahrleistung der Chauffeure höchste Anerkennung abnötigen.

Je näher Sie der Endstation Griesalp auf 1400 m Höhe kommen, desto schöner wird der Ausblick, unter anderem auf das über 3330 m hohe Blüemlisalphorn als höchstem Gipfel der Blüemlisalpgruppe.

Von der Griesalp aus können Sie eine Wanderung in die umliegenden Berge antreten – hier starten eine Vielzahl von Wegen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade. Oder Sie machen sich nach einer kleinen Stärkung wieder auf den Weg ins Tal – dieses Mal zu Fuß. Der Erlebnisweg bringt Sie in rund zwei Stunden nach unten: eine tolle Möglichkeit, die großen und kleinen Wunder entlang der Strecke einmal aus nächster Nähe zu erleben, die klare, würzige Waldluft tief einzuatmen und sich im kühlen Wasser der Bergbäche zu erfrischen.

Palm-Express

Bergell Malojapass
Bergell Malojapass © Zugprofi.com

Nomen est omen: Dieses Postauto bringt Sie zu den Palmen der italienischen Schweiz. Die Fahrt beginnt in St. Moritz und führt über den Malojapass mit den beiden wunderschönen Oberengadiner Dörfern Silvaplana und Sils – bestaunen werden Sie auch den herrlich romantischen Silser See – bis nach Maloja. Ab hier geht es hinunter ins Bergell, den verträumten Landstrich an der Grenze zu Italien, wo die Zeit tatsächlich stehengeblieben zu sein scheint.

Auf 686 Metern, fast im Talboden etwas oberhalb des Flusses Maira, liegt Castasegna, ein wunderschönes Dörfchen mit mediterranem Klima, das von beiden Seiten von beeindruckenden Kastanienwäldern umgeben ist: Oberhalb von Castasegna befindet sich einer der größten Edelkastanienwälder Europas. Die kleinen Gärten, die man überall im Dorf findet, zeugen vom italienischen Einfluss: Hier stehen Palmen, Feigenbäume, Kamelien und Weinstöcke.

Die erste Station jenseits der italienischen Grenze ist das beschauliche Marktstädtchen Chiavenna, rund 25 km nördlich des Comer Sees, das mit seiner wunderschönen Lage und der historischen mittelalterlichen Altstadt begeistert. Chiavenna ist der Mittelpunkt der Region Valchiavenna, ein langgestrecktes Tal, das sich bis zum Comer See zieht. Weiter steuert der Postbus-Chauffeur sein gelbes Gefährt vorbei am Lago di Mezzola und entlang des herrlichen Comer Sees bis nach Menaggio. Zwischen dem Comer und dem Luganer See bestaunen Sie viele kleine malerische Dörfer, bevor es beim charmanten Dorf Gandria am Fuße des Monte Brè wieder zurück in die Schweiz geht. Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung bis nach Lugano.

Vier-Pässe-Fahrt

Grimselpass und Furkapass
Grimselpass und Furkapass (Quelle Unsplash)

Spektakulärere Bilder werden Sie innerhalb eines Tages kaum zu sehen bekommen als bei der berühmten Vier-Pässe-Fahrt. Während Sie bequem im Postauto sitzen, präsentieren sich Ihnen atemberaubende Szenerien voll wildromantischer Schönheit. In etwa acht Stunden überwindet der gelbe Bus über 10.000 Höhenmeter, fährt über 25 Brücken und durch 25 Tunnels – mehr Hochgefühle in so kurzer Zeit geht nicht!

Das Postauto startet in Meiringen und steuert als erstes den Grimselpass an, der das Haslital im Berner Oberland mit dem Goms im Wallis verbindet. Durch eine wilde, karge Gebirgslandschaft geht es stetig nach oben. Auf 1980 m tritt das neue Grimselhospiz in Erscheinung, ein gemütliches Hotel, an der Staumauer des Grimselsees auf einem Felsen gelegen. Das alte Grimselhospiz, das vom Stausee überflutet ist, diente in vergangenen Zeiten als Übergabeort für Handelsware. Die Schweizer brachten ihren Käse ins Piemont, und aus dem Piemont kamen Wein, Reis, Mais und Leder in die Schweiz. Auf der Passhöhe auf 2165 m bestaunen Sie den klarblauen Totesee, bevor es auf der Walliser Seite in vielen langen Kehren nach Gletsch im Obergoms geht – mit den schönsten Ausblicken auf den Rhônegletscher und die Furkapassstraße.

Über den Nufenenpass, den höchsten Innerschweizer Pass, geht es weiter ins Tessin – wegen seiner Höhe von 2478 m ist der Nufenenpass als Verbindung vom Wallis ins Tessin nur in den Sommermonaten befahrbar. 38 kurvige Kilometer warten auf Sie: Von Ulrichen im Goms gelangen schon bald auf die Passhöhe mit herrlicher Aussicht auf die Berner Alpen mit dem Finsteraarhorn gen Norden und dem Griesgletscher im Süden gelangen; dann folgt die Abfahrt ins Bedretto-Tal und schließlich nach Airolo.
Dann wartet der Berg auf Sie, der eigentlich kein Berg ist, sondern ein Mythos: der Gotthard. Von Airolo schlängelt sich in halsbrecherischen Serpentinen über die weltberühmte, mit Granitsteinen gepflasterte Tremolastraße der Weg wie ein helles Band den Berg entlang nach oben: einzigartige Momente! Von der Passhöhe auf 2107 m aus bringt Sie der Bus durchs karge Ursenental und die Schöllenschlucht nach Wassen im Kanton Uri.

Mit der 45 km langen Fahrt über den Sustenpass schließt sich der Kreis: Er verbindet das Reusstal am Fuße des Gotthard mit dem Haslital im Berner Oberland. Die Passhöhe auf 2222 m überqueren Sie im 300 m langen Tunnel, bevor Sie bei der Talfahrt einen herrlichen Blick auf den Steinengletscher und das Gadmental genießen.

Ein wunderbarer Reisetag geht zu Ende – und Sie kehren mit den schönsten Bildern und einmaligen, bleibenden Eindrücken zurück ins Hotel.

Stevio

Stilfser Joch (Stevio)
Stilfser Joch (Stevio) _ Quelle Pixabay

Das Stilfser Joch – italisch „Stevio“ – ist bekannt für seine unzähligen Spitzkehren, die bei großen Steigungen am Berg die einzige Möglichkeit darstellen, über die Verlängerung der Strecke den Berg überhaupt befahrbar zu machen.

Wenn Sie also in Santa Maria im Münstertal, der östlichsten Ortschaft der Schweiz, ins Postauto einsteigen, dürfen Sie sich freuen auf in schnellem Wechsel sich einstellende neue Perspektiven auf die herrliche Bergwelt um Sie herum. Über den 2500 m hohen Umbrailpass, der die Grenze zu Italien markiert, geht es hinauf zum zweithöchsten befahrbaren Pass der gesamten Alpen, dem Stilfser Joch auf 2757 m. Hier pausiert das Postauto eine halbe Stunde und Sie genießen bei einem Kaffee die grandiose Aussicht auf den Ortler, den höchsten Berg Südtirols.

Die Talfahrt auf der italienischen Seite, unter Radrennfahrern beliebt und die Königsetappe des Giro d’Italia, wartet mit sage und schreibe 48 Kurven auf – über Bormio, den berühmten Wintersportort, geht es hinab bis nach Tirano, einer wunderschönen Stadt am Eingang zum Val Poschiavo.

Wenn Sie von faszinierenden Bergaussichten und Superlativen noch nicht genug haben, fahren Sie anschließend mit dem Bernina Express zurück in die Schweiz – über die höchste Bahnstrecke der Alpen, den Bernina Pass.

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